Werbung

Estrich: belegreif oder nicht?

Bodenleger und Estrichleger setzen unterschiedliche Messmethoden zur Ermittlung des Feuchtegehalts im Estrich ein - gravierend unterschiedliche Messwerte sind das ernüchternde Ergebnis

Um die Belegereife eines neuen Estrichs für den vorgesehenen Bodenbelag beurteilen zu können, benötigen Bodenleger verlässliche Kenndaten über die Qualität und den voraussichtlichen Ausgleichsfeuchtewert eines Estrichs. Damit der Bodenleger das Feuchterisiko für die gesamte Fläche beurteilen kann, müssen die Kenndaten sowie die FeuchteMessmethode sehr genau sein. Dabei darf die Messungenauigkeit maximal 0,5 % des Feuchtegehalts betragen. Ohne derart exakte Informationen über den eingebauten Estrich kann die Belegereife nicht ausreichend genau geprüft werden. Der Bodenleger muss in diesem Fall einen Vorbehalt anmelden. Macht er dies nicht, haftet alleinig er für später entstehende Feuchteschäden.

In der Praxis sind die Estrich-Kenndaten jedoch oft nicht verfügbar, weil sie der Estrichleger nicht kennt oder nicht bestimmen kann - beispielsweise weil er die Sandfeuchte nicht messen kann oder der Wasserzuschlag zu ungenau bemessen wird. In den meisten Fällen werden bereits auf einer Fläche von 20 Quadratmetern mit einem 5 Zentimeter dicken Estrich etwa 13 unterschiedlich feuchte Estrichmischungen eingebaut, die partiell verschieden langsam austrocknen. Abweichende Estrich-Stärken, Verdichtungen und Trocknungsbedingungen sorgen zusätzlich für unterschiedliche Trocknungszustände- und Zeiten - auch innerhalb einer kleinen Estrichfläche. Jeder Zentimeter Mehrdicke beispielsweise verlängert die Trocknungszeit um etwa drei Wochen.

"Parkett in Neubau wölbt sich und reißt"

Entgegen dieser Erkenntnis wird in den meisten Fällen trotzdem nur eine Feuchtemessung - eine so genannte CM-Messung - an nur einem Messpunkt durchgeführt. Ist dieses Ergebnis positiv, gilt die Vorschrift als erfüllt und der Estrich kann als belegreif bewertet werden. Mängelrügen wie 'Parkett in Neubau wölbt sich und reißt' erscheinen in Anbetracht dieser Vorgehensweise in neuem Licht. "Das Feuchterisiko in der Gesamtfläche wird völlig unterschätzt", sagt Walter Denzel, Experte für Feuchtemessverfahren. "Es ist geradezu fahrlässig, sich auf den Wert eines einzigen Messpunkts zu verlassen." Im Schadensfall überprüfen die meisten Gutachter den Feuchtegehalt des Estrichs an beliebig vielen Stellen. Dabei greifen sie in der Regel auf elektronische Feuchtigkeitsmessgeräte zurück. Diese liefern auf Knopfdruck binnen Sekunden exakte Werte.

Das DNS-Messverfahren beispielsweise beruht auf dem kapazitiven Messprinzip. Beim Messvorgang wird ein hochfrequentes elektrisches Feld erzeugt, mit dem eine Kapazität abhängig von der Dielektrizitätskonstanten des Materials ermittelt wird. Stahlgittermatten und wasserführende Heizungsrohre haben einen unwesentlichen Einfluss auf das Messergebnis.

Durch eine materialspezifische Kalibrierung wird die Feuchte direkt in Gewichts-Prozent angezeigt. Grundlage für die Kalibrierung sind Vergleichsmessungen nach dem Trockenschrankverfahren, das anerkanntermaßen das genaueste Messverfahren zur Bestimmung des Feuchtegehaltes in Baustoffen ist.

Heizung und Luftentfeuchtung können Ergebnisse verfälschen

Noch gravierender können die Messfehler bei beheizten oder in künstlicher Trocknung (Raumluftentfeuchtung) befindlichen Estrichen sein. "Die Estrichschicht weist während dieser Maßnahmen starke Feuchtegehalts-Unterschiede auf", warnt Denzel. "Bei beheizten Estrichen gibt es ein Temperatur- und damit Feuchtegefälle zwischen den Heizrohren von links nach rechts. Bei künstlicher Trocknung gibt es ein Feuchtegefälle von unten nach oben." Ein beheizter, oder künstlich getrockneter Estrich zeigt an der Oberfläche 0 % Feuchtegehalt. In 4 Zentimetern Tiefe kann der Feuchtegehalt bei 4 % liegen. Diese Feuchte muss allerdings auch noch über die Oberfläche austrocknen. "Korrekte Werte können erst etwa eine Woche nach Beendigung der Trocknungs-Massnahme gemessen werden. So lange dauert es, bis sich der Feuchtegehalt im Estrich ausgleicht", erklärt Denzel.

Darr-Prüfung contra CM-Messung

Verursacher von Feuchteschäden ist der Wasserdampf und der daraus resultierende Wasserdampfdruck im Estrich. Estrich-zerstörende Feuchtemessungen wie beispielsweise die CM-Messung sind somit ungenau, da der Wasserdampfdruck mit dem ersten Hammerschlag austritt und viel Wasserdampf in der jetzt offenen Estrichoberfläche verdunstet - noch bevor die Messung stattfinden kann. So liefert die CM-Methode beispielsweise bei einem trocknungs-beschleunigten Zementestrich einen vermeintlich "guten" Messwert. Da das Anmachwasser während der CM-Probennahme verdunstet noch bevor die Messung stattfindet, ist diese falsch. Erfahrungswerte verdeutlichen dies. Liefert eine CM-Messung in einem vergleichbaren Fall nur 1,5 % Feuchte, kann die Darr-Prüfung am selben Estrich bei 4,0 % liegen.

Weitere Messfehler können durch unzureichende Tiefen des Messpunkts entstehen. Wird ein 8 Zentimeter dicker Estrich mit der CM-Methode bei 4 Zentimetern Tiefe gemessen, kann der Feuchtegehalt bei einer Tiefe von 6 Zentimetern um bis zu 0,8 Prozentpunkte höher liegen. Wiederum mehr Feuchte, die auch über die Oberfläche austrocknen muss.

Moderner Schutz vor Feuchteschäden

Elektrische Feuchtemessungen an vielen Messpunkten können einen guten Überblick über das Feuchterisiko liefern.
Zerstörende Messmethoden - zudem auf einzelne Messpunkte beschränkt - können in nahezu keinem Fall den genauen Feuchtegehalt in einer großen Estrichfläche angeben. Insbesondere moderne Estriche können mit der CM-Methode somit nicht ausreichend genau beurteilt werden. Wenn die Estrich-Eigenschaften nicht bekannt sind, sollte eine Darr-Prüfung erfolgen, die jeder an der Bausituation Beteiligte kennt und bewerten kann. Diese Maßnahme ist nicht nur für den Bodenleger risikomindernd, sie schafft auch für Bauherren und Architekten die notwendige Transparenz.

 

Bild: DNS Denzel

bauen. wohnen. leben.  www.homesolute.com

 

Werbung