Die Sonne als Finanzier
Die Nutzung regenerativer Energien hat Hochkonjunktur: Taschenrechner, Uhren und andere nützliche Hilfsmittel des Alltags, bei denen kleine Solarzellen aus hochreinem Silizium den benötigten Strom erzeugen, oder Parkscheinautomaten, ausgestattet mit Photovoltaikmodulen, sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Inzwischen entstehen bereits die ersten Häuser mit einer völlig unabhängigen Energieversorgung. In Brauneberg an der Mosel wurde jetzt in Massivbauweise ein Niedrigenergie-Haus aus Ytong-Porenbeton erstellt, das über eine Solarstromanlage auf dem Dach Energie ins öffentliche Netzt einspeist und damit die Baukosten komplett wieder einspielt. Die Kalkulation, die dahinter steht: Die nach den Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gezahlte Vergütung für den in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Solarstrom wird über einen Zeitraum von 20 Jahren die Kosten für die schlüsselfertige Erstellung des Baukörpers, den Dachstuhl und die Photovoltaikanlage des Hauses abdecken.
Entwickelt wurde das Konzept von Baustoffkaufmann Frank Ruppenthal: „Alle natürlichen Energie-Ressourcen sind beschränkt,“ erklärt er seine Motivation. „Ich wollte einfach den Beweis antreten, dass es möglich ist, mit Solarstrom eine unabhängige Energieversorgung aufzubauen.“ Als Hieronimi Solarhaus wird das Konzept inzwischen von der Hieronimi Regenerative Energie GmbH, einer Tochter des mit acht Niederlassungen in der Moselregion vertretenen Baustoffhandels Hieronimi, vertrieben.
Äußerlich unterscheidet sich das dem KfW 40-Standard entsprechende Gebäude nicht von anderen Einfamilienhäusern. Pultdach und eine umlaufende Verkleidung des Dachüberstandes mit einem Zink-Stehfalzblech verleihen dem ansonsten schlichten weißen Baukörper ein modernes Aussehen. Sämtliche Wohnräume sind ebenerdig angeordnet, im Obergeschoss befindet sich zusätzlich eine Galerie. Hier profitiert der Grundriss von der großen Raumhöhe, die sich durch das Pultdach ergibt. Der moderne Gebäudestil des Außenbaus wird auch in den Innenräumen aufgenommen: Die Wände sind mit einem einfach strukturierten Kalk-Gips-Putz versehen, auf den abschließend ein einfacher diffusionsoffener Anstrich aufgetragen wird.
Der Grundriss ist flexibel konzipiert und ermöglicht die individuelle Gestaltung des Innenraums entsprechend den jeweiligen persönlichen Wohnbedürfnissen. Durch absolute Barrierefreiheit im Erdgeschoss ist das nicht unterkellerte Haus gleichzeitig rollstuhlgerecht ausgestattet. Im Flur ist genügend Platz für den Einbau eines Behindertenaufzugs, so dass auch die Galerie unter dem Dach mit Rollstuhl erreichbar ist.
Damit ist das Haus zur Realisierung der unterschiedlichsten Wohnbelange geeignet. Mit einer Wohnfläche von 150 m², weiteren 44 m² im Galeriegeschoss sowie 33 m² Nutzfläche und einer Garage und bietet es sich gleichermaßen an für Familien wie auch für komfortables Wohnen im Alter.
Ökologische Kriterien waren bereits für die Baustoffwahl maßgebend. Das Haus wird in Massivbauweise aus Ytong Porenbeton erstellt. Damit kommt ein Baustoff zum Einsatz, der beste Wärmedämmung und zudem ein gesundes, angenehmes Raumklima garantiert. Er wird umweltfreundlich aus natürlichen Rohstoffen hergestellt und bietet auf Grund seiner feinporigen Struktur mit einem Lambda-Wert von 0,08 w/mK - damit wird die Wärmeleitfähigkeit eines Stoffes gemessen - den besten Dämmwert für Massivbaustoffe. Schon bei einer Wanddicke von 36,5 cm bestehen so optimale Voraussetzungen für ein Energiesparhaus 40, ohne dass eine zusätzliche kostenaufwändige Wärmedämmung notwendig ist.
Außerdem weisen Häuser, die mit Porenbeton gebaut wurden, so gut wie keine Wärmebrücken, das sind Zonen mit herabgesetzter Dämmwirkung, auf. Die Einzelkomponenten des Bausystems sind genau aufeinander abgestimmt und können daher absolut luft- und winddicht zusammengefügt werden. So kann durch Mauerfugen keine Wärme von innen nach außen entweichen. Umgekehrt kommt von draußen auch keine Kälte ins geheizte Haus. Gleichzeitig bietet die vollständig luftdicht geschlossene Ytong-Konstruktion auch Schutz für Allergiker. Schadstoffe, die bei undichten Gebäudehüllen ins Hausinnere gelangen, bleiben außen vor.
Die Berücksichtigung von Umweltaspekten setzt sich bei der Planung der Energieversorgung des Hauses fort. Sie wird zu 100 % über regenerative Energien abgedeckt. Weder Öl noch Gas kommen zum Einsatz. Vielmehr werden Fußbodenheizung und Warmwasserversorgung über eine Holzpellet-Zentralheizung und durch 8 m² Solarthermiekollektoren auf dem Dach sichergestellt. Eine Lüftungsanlage ersetzt verbrauchte Luft automatisch durch neue bereits erwärmte und kommt so ohne zusätzliche Stoßlüftung aus.
Ergänzt wird das energetische Konzept durch eine 24,2 kWp PV-Anlage auf dem rund 200 m² großen Pultdach. Diese Konstruktion wurde mit besonderer Sorgfalt geplant und ausgeführt. Dabei galt es, die Hinterlüftung ebenso sicherzustellen, wie die Dichtigkeit der Gebäudehülle. Gleichzeitig musste sommerlicher Wärmeschutz und eine dem Niedrigenergiekonzept entsprechende Wärmedämmung gewährleistet werden. Eine Alukaschierung der eingesetzten Dämm-Materialien dient gleichzeitig als Schutz vor eventuell auftretendem Elektrosmog unterhalb der Photovoltaik-Module.
Mit einer Neigung von 12° streckt sich das Solardach der Sonne entgegen. „Für derartige Anlagen ein relativ geringer Winkel, 20° gelten als optimal,“ gibt Ideengeber Frank Ruppenthal zu. „Aber,“ erklärt er die Planung, „mit steilerem Dach wäre das Haus auf der Vorderseite zu hoch geworden.“
Um eine möglichst hohe Effizienz der Sonnenkollektoren zu erzielen, ist das gesamte Gebäude exakt nach Süden ausgerichtet. Es steht damit den Weinbergen der Umgebung, in denen die besten Mosellagen gezogen werden, parallel gegenüber. Rund 18.000 Kilowattstunden konnten bereits in den ersten 10 Monaten nach Fertigstellung ins öffentliche Netz eingespeist werden. „Weitere 3000 bis 3500 Kilowattstunden werden bis zum Ende des ersten Betriebsjahr hinzu kommen,“ schätzt Frank Ruppenthal.
Und damit liegt er dann voll im Soll. Seinem Finanzierungsmodell, das davon ausgeht, dass das Solar-Haus über Strom-Einspeisungen ins öffentliche Netz selbst einen erheblichen Beitrag zur Deckung der Gesamtkosten des Objektes erwirtschaftet, liegt eine jährliche Stromleistung von rund 20.800 Kilowattstunden zu Grunde. Bei einer durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschriebenen Vergütung von 54 Cent pro Kilowattstunde Strom, die in das öffentliche Netz eingespeist wird, kann so über einen Zeitraum von 20 Jahren die stolze Summe von rund 225.000 Euro erwirtschaftet werden. Hinzu kommt eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Kauf und Installation der PV-Anlage sowie für die Errichtung des Dachstuhls, da er mit der vergüteten Einspeisung ins öffentliche Stromnetz als Unternehmer im Sinne des Gewerberechtes gilt. Die Summe beläuft sich im vorliegenden Fall auf knapp 21.000 Euro.
Damit hat er, der seinen eigenen Strom zu einem Preis von 18 Cent pro Kwh aus dem öffentlichen Netz bezieht, in zwanzig Jahren die reinen Baukosten, die sich ohne Grundstück- sowie Planungs- und Erschließungskosten in einer Größenordnung zwischen etwa 250.000 rund 270.000 € bewegen, weitgehend wieder reingeholt. Weitere Zuschüsse von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Form günstiger Kredite, die für den Bau von KfW 40-Häusern sowie für die Erzeugung von Solarstrom gewährt werden, kommen hinzu. Weitere Fördermittel für die Pelletzentralheizung in Höhe von 1.700 € kommen vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das außerdem auch die Thermieanlage bezuschusst. Unter dem Strich kommt damit unter Berücksichtigung sämtlicher gewährter staatlicher Unterstützungen eine monatliche Belastung der Bauherren von etwa 590 Euro heraus.
Bilder: Xella
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